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Pädagogischer Tag mit Professor Antibi

Pädagogischer Tag mit Professor Antibi

Journée pédagogique en novembre 2016Am 28. November 2016 hatte das Deutsch-Französische Gymnasium die große Ehre, Herrn André Antibi zu empfangen, der im Rahmen des pädagogischen Tages sein Spezialgebiet „die Makabre Konstante“ vorstellte, ein Thema, das bestens an die am DFG geführten Überlegungen zu Evaluationskulturen anknüpft.

Seit Jahren ist André Antibi die Referenz zum Thema „Evaluation“, ein sogar weltweit anerkannter Bildungswissenschaftler. Er ist emeritierter Professor der Universität Toulouse Paul Sabatier, sowie ehemaliger Dozent der Ingenieurhochschule Sup-Aéro. Als Professor („agrégé“) in Mathematik hat er ebenfalls zwei Doktortitel erworben, einen in Mathematik und einen weiteren in Didaktik.
Sein im Jahre 2003 erschienenes Buch „Die makabre Konstante oder wie man Generationen von Schülern entmutigt hat“ fand als popularwissenschaftliche Synthese seiner Forschungsarbeiten enormen Zuspruch in der Bevölkerung.

Journée pédagogique en novembre 2016André Antibi hielt auch unzählige Vorträge zum Thema „Evaluation“, so beispielsweise im Lycée français Charles de Gaulle in London oder im Lycée français von Koppenhagen.

Unser Deutsch-Französisches Gymnasium in Saarbrücken ist aus mindestens drei Gründen ein ideales Forschungsfeld für Evaluation. Erstens verfügen wir hier über eine Schülerschaft, die weitaus heterogener ist als an einem rein französischem Gymnasium. Zweitens benutzen wir ein spezifisches Notensystem, das sowohl das französische als das deutsche Notensystem spiegelt. Schließlich erleben wir an unserem Gymnasium zwei unterschiedliche Evaluationskulturen, welche nicht immer deckungsgleich sind. 

In einer Zeit, in welcher der Begriff wie Wohlbefinden auch in Unternehmenskulturen an Bedeutung gewinnt, wird diese Debatte auch für unsere schulischen Überlegungen zur Evaluation förderlich. Denn alle Lehrkräfte unseres Gymnasiums haben ein gemeinsames, gleiches Ziel: den Erfolg ihrer Schüler und Schülerinnen, die ihnen anvertraut wurden.

Journée pédagogique en novembre 2016André Antibi trennt dabei die Frage der Evaluation nicht von der Motivation der Schüler. Seine alternative Evaluierungsmethode hat nämlich nicht nur die Lust am Lernen zu fördern, sondern auch das Schulversagen der Schüler zu bekämpfen. So empfiehlt Antibi beispielsweise Lehrern und Schülern bei der Evaluation einen „Vertrag des Vertrauens“ abzuschließen.

Dabei ist es für den Wissenschaftler von großer Bedeutung, dass der Lehrer akzeptiert, die Lernphase deutlich von der Evaluationsphase zu trennen. Ebenso sollte der Lehrer nie vergessen, dass seine Hauptaufgabe die des Ausbilders und nicht die des Ausselektierenden ist.

Der Wissenschaftler nahm sich im Laufe seiner Ausführungen auch Zeit zu erläutern, was er unter dem Begriffspaar der „makabren Konstante“ versteht. Hierbei handele es sich um die unbewusste Tendenz französischer Lehrer – geprägt durch eine uralte Schultradition – inmitten ihrer Klassenarbeiten einen hohen Prozentsatz von fehlerhaften Schülerarbeiten (ca. 30%) aufzuspüren, selbst wenn es sich bei der Lerngruppe um exzellente Schuler handelte. Gleichfalls betonte Antibi im gesamten Verlauf seiner Ausführungen mehrfach, dass dieses Phänomen in keinster Weise auf ein Fehlverhalten der Lehrer zurückzuführen sei, sondern vielmehr auf die Last einer unbewussten Evaluationskultur zurückzuführen sei. Gleichermaßen warnte Antibi auch vor den üblichen Verallgemeinerungen: Weder sollte durch seine Ausführungen dem Laxismus Raum gegeben werden, noch sollte die Notengebebung zugunsten anderer Systeme aufgegeben werden, noch sollten unsere Schüler einzig anhand von auswendig Gelerntem evaluiert werden.

Vielmehr suggerierte der Forscher, zum einen in Prüfungsphasen von Fangfragen Abstand zu nehmen (diese sollten interessanterweise in der Lernphase eine wichtigere Rolle spielen), zum zweiten mit den Schülern klare Zielvorgaben zu verabreden, damit sie genau wissen, woran sie arbeiten müssen.
Die Evaluation als „Vertrag des Vertrauens“ sollte auf der Abfrage im Unterricht behandelter Fragestellungen basieren.

Alles zielt also darauf ab, den arbeitsamen Schüler zu belohnen und das Verhältnis zwischen den Schülern und den Lehrern zu verbessern.

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