Gerade mal seit Schuljahresbeginn besteht die Schüler_innengruppe AGIR, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, Intoleranz und Rassismus mit Taten entgegen- und für ein offenes Miteinander einzutreten. Am Freitag, den 16. Oktober kam es zur ersten Veranstaltung, die von den Schüler_innen in Zusammenarbeit mit der Schulleitung und den betreuenden Lehrern Frau Platz und Herrn Anton organisiert wurde. Da in den nächsten Wochen verschiedene Sammelaktionen geplant sind und viele Schüler_innen mit dem Wunsch, Flüchtlingen zu helfen, an Lehrer_innen und Schulleitung herangetreten waren, wendeten sich die AGIR-Schüler_innen an verschiedene Einrichtungen, die bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt haben. Tatjana Zabrodskaya und Mikolai Gütschow leiteten mit Vertretern dieser Organisationen eine Podiumsdiskussion, zu der die gesamte Klassenstufe Première eingeladen war.
Auf dem Podium waren Frau Weber vom Haus Christophorus, eine der größten saarländischen Jugendhilfeeinrichtungen, Frau Klauck vom Saarländischen Flüchtlingsrat, Azlan aus der Étude, der selbst vor drei Jahren nach Deutschland flüchtete und der ehemalige DFG-Lehrer Herr Müller, der nun an einer Berufsschule Geflüchtete unterrichtet.
In einem alten Hotel werden von Frau Weber und anderen Sozialarbeiter_innen gegenwärtig über 120 Jugendliche betreut. Diese stammen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und anderen Ländern und mussten ohne ihre Eltern aus ihrer Heimat fliehen. Schockierend war es für viele Schüler_innen zu hören, mit welche Problemen die geflüchteten Jugendliche zu kämpfen haben. Nächtliche Panikattacken, die ständige Angst vor Verfolgung und Abschiebung und in vielen Fällen furchtbare Erinnerungen an die Strapazen der Flucht beschäftigen viele der Jugendlichen, obwohl sie endlich in Sicherheit gelangt sind.
Begleitet wurde Frau Weber von einigen jungen Flüchtlingen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren. So furchtbar die Erlebnisse waren, die sie erlebt haben mussten, so optimistisch und dankbar zeigten sie sich. Über Syrien, den Libanon, die Türkei, Makedonien, Serbien, Ungarn und Österreich gelangten sie unter zahlreichen Strapazen und enormen Aufwendungen nach Deutschland. Manche schafften es in gerade mal drei Wochen mit dem Zug, im Taxi oder wenn es nicht mehr anders ging, auch über lange Strecken zu Fuß. Die sichtlich berührten DFG-Schüler_innen fragten die jungen Menschen nach ihren Wünschen und Erwartungen an Deutschland. Einen Schulabschluss wünscht sich Nazir (Name geändert), vor allem aber eine Rückkehr in seine Heimat und Frieden.
Azlan aus der Étude berichtete ebenfalls von seiner Flucht, davon, dass er viele Freunde habe, die ihre Familie unterwegs verloren oder selbst starben. In Syrien hat er Englisch studiert und arbeitet nun am DFG, um Kindern Nachhilfe zu geben. Gerade mal erst seit zwei Jahren lebt er in Deutschland und kann ohne große Probleme in sehr gutem Deutsch von seinen Erlebnissen berichten.
Welche politischen Probleme mit der Flüchtlingsfrage verbunden sind, dazu äußerte sich Frau Klauck. Ob nicht alle Flüchtlinge sich von Deutschland angezogen fühlten und damit nicht auch ein Problem verbunden sein könnte, wollten die AGIR-Schüler_innen wissen. Frau Klauck antwortete darauf, dass die Flucht dieser Menschen selbstverständlich keine freiwillige sei und von Seiten der Politik viel zu wenig gemacht werde. Für politische Events wie den G7-Gipfel sei man ohne weiteres bereit Hunderte von Millionen Euros auszugeben, sehe sich aber nicht in der Lage für Flüchtlinge Hilfe bereitzustellen. Die Regierung täte nichts dazu zu helfen, stattdessen bliebe die Arbeit an den freiwilligen Helfern hängen. Deutschland hätte die menschliche Pflicht, Menschen in Not aufzunehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wäre es einem zerstörten Deutschland ja auch gelungen 12 Millionen Vertriebenen eine Heimat zu geben.
Was die Schüler_innen am meisten interessierte, war die Frage, wie sie selbst helfen können. Frau Weber ermutigte die Schüler_innen dazu, sich gerne einfach beispielsweise bei ihr und dem Haus Christophorus zu melden. Es fehle an Sportkleidung, Heften, Stiften, Büchern. Kleinere Größen seien besonders gefragt. Vor allem aber jedoch bräuchten die Jugendlichen den direkten Kontakt mit Gleichaltrigen. Sie wollten etwas unternehmen und Freunde gewinnen.
Direkt im Anschluss an die Veranstaltung sprachen die Schüler_innen sowohl Frau Weber als auch die geflüchteten Gleichaltrigen an. Es wurden Nummern ausgetauscht und Treffen zum Fußballspielen verabredet. Noch über eine Stunde nach der Veranstaltung waren unsere Schüler_innen im Gespräch.
Sie bewerteten die Veranstaltung durchweg positiv. Julie Duhesme sagte zur Veranstaltung: „Die Schüler schienen sehr interessiert und aufmerksam, und es kamen sehr interessante Fragen und Beiträge von beiden Seiten. Also alles in allem sehr gelungen!“ Marie Stiefel fand es gut, „mal die Meinung von denjenigen zu hören, die täglich mit den Flüchtlingen zusammenarbeiten und sich ein vielleicht neues Bild der Situation vor unserer Haustür zu machen.“ Besonders wurde von vielen Schüler_innen wie auch Vincent Ried hervorgehoben, dass eine solche Veranstaltung dazu „motiviert zu helfen“ und „wie wichtig es ist, jetzt zu handeln“.
Auch an unserer Schule finden regelmäßige Treffen statt, bei denen Sammelaktionen für Geflüchtete angebahnt werden. Die Sitzungen von AGIR finden bisher jeden Mittwoch in der Mittagspause statt und gehen bis in die siebte Stunde. Kontakt kann über die AGIR-Schüler_innen oder die betreuenden Lehrer Frau Platz und Herrn Anton hergestellt werden. Wer sich mit dem saarländischen Flüchtlingsrat oder Frau Weber vom Christophorushaus in Verbindung setzen möchte, kann dies über die folgenden Links tun.
www.haus-christophorus.de
www.asyl-saar.de
Kontakt: Oliver Anton & Gisela Platz